Skip to main content

Kunst und Kultur Afghanistans


Afghanistans Kunst und Kultur besteht seit Jahrtausenden. Da Afghanistan an der Schnittstelle zwischen Zentralasien, Südasien und Westasien liegt, lag es an der historischen Seidenstraße. Auf dieser Verkehrsverbindung kam es schon in der Antike zu einem Transfer von Wissen, Kultur und Technologie. Von einigen Historikern wird Afghanistan deshalb auch als Kreisverkehr der Antike bezeichnet.

Land der Subkulturen und ethnischen Besonderheiten

siehe auch: Geografie Afghanistans und Bevölkerungsgruppen Afghanistans

Afghanistan ist ein Land, welches durch Gebirgsketten geprägt ist. Vor allem der Hindukusch dominiert das Land. Die Besonderheiten der Geografie bestimmten auch die Geschichte des Landes. So entwickelten sich die Bergvölker isoliert voneinander, wodurch Subkulturen mit eigenen ethnischen Hintergrund, eigener Sprache und teils eigener Religion entstanden. Im 7. Jahrhundert begann die Islamische Expansion in Vorder- und Zentralasien. Auch Afghanistan erlebte diese Phase. Großflächig islamisiert war Afghanistan erst im 10. Jahrhundert. Doch in vielen Bereichen blieben Bräuche und Kunstformen erhalten.

Kunst und Kulturgeschichte Afghanistans

(siehe auch: Geschichte Afghanistans)

Da Afghanistan in verschiedenen Epochen immer wieder Teil des Perserreiches war, ist die persische Kunst eng mit der afghanischen verknüpft. Der bedeutendste persische Miniaturzeichner war Behzād (1460 – 1536). Dieser stammte aus Herat, im westlichen Afghanistan. Die Kunstgeschichte Afghanistans kann in eine vorislamische und islamische Periode eingeteilt werden.

Das Gold von Baktrien

Baktrien ist die historische Region um Balch (antike Balkh), einer Stadt im heutigen Norden Afghanistans. Das antike Balkh war berühmt für seine Goldvorkommen. Doch dieses Gold kam ursprünglich aus Sibirien. Über Handelswege gelangte es schließlich nach Afghanistan. Die größte Goldmünze der Antike stammte aus Baktrien und zeigt eine Prägung von Eukratides I., dem baktrischen König zwischen 171 und 145 v.Chr.

Goldmünze mit der Prägung von Eukratides I., Bildlizenz: Von World Imaging - Eigenes Werk, <a href="http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/" rel="noopener nofollow" target="_blank">CC BY-SA 3.0</a>

Goldmünze mit der Prägung von Eukratides I.

Das Baktrische Gold war in der Antike legendär. Doch der historische Beweis dafür fehlte bis in die Neuzeit. Dann fand man in den 1970-er Jahren in Baktrien einen enormen Goldschatz, welche die Legende von baktrischen Gold stützen sollte. In mehreren Grabanlagen wurden über 20.000 Goldornamente gefunden. Die Grabfunde wurden ins Nationalmuseum von Kabul überstellt.

Mit dem Ende des Sowjetisch-afghanischen Krieges (1989) wurde der Goldschatz dann in den Präsidentenpalast überstellt. In dem Palast befand sich die Zentralbank des Landes, welche den Schatz einlagerte. Nach der US-Intervention von 2001 wurde der Goldschatz zunächst vergessen, aber 2004 in den Kellergewölben des Palastes wiedergefunden.

Oxus-Schatz

Der Oxus-Schatz ist eine Sammlung von antiken Gebrauchsgegenständen aus Silber und Gold, welcher aus der persischen Achämenidenzeit stammt (3. und 4. Jahrhundert v.Chr.).

Objekte des Oxus-Schatzes, Bildlizenz: Von Nickmard Khoey - https://www.flickr.com/photos/nickmard/2858642165/in/photostream/, <a href="https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0" rel="noopener nofollow" target="_blank">CC BY-SA 2.0</a>

Objekte des Oxus-Schatzes

Gefunden wurde der Schatz in den 1870-er Jahren am Oxus-Fluss im Grenzgebiet zu Tadschikistan. Die meisten Fundstücke wurden ins British Museum nach London überführt, da Afghanistan zu dieser Zeit englisches Hoheitsgebiet war. Ein kleinerer Teil des Oxos-Schatzes wird im Victoria and Albert Museum in West-London aufbewahrt.

Gandhara-Kunst

Das Perserreich wurde im 4. vorzeitlichen Jahrhundert von Alexander dem Großen erobert. Fortan war die historische Region Baktrien ein Teil des Alexanderreiches. Nach dessen Tod (336 v.Chr.) wurde das Gebiet seinem General Seleukus vererbt, welcher das Seleukidenreich gründete.

Die Region Baktrien gehörte bis 185 v.Chr. ins griechisch-hellenistische Reich, wurde dann aber Teil des Maurya-Reiches. Unter Ashoka dem Großen wurde der Buddhismus im Maurya-Reich zur vorrangigen Religion.

In Baktrien vermischte sich die hellenistische Philosophie der Griechen mit dem Buddhismus, was als Graeco-Buddhismus bekannt ist. In der historischen Region Gandhara (Pakistan + Afghanistan) entstanden hellenistische Kunstwerke mit buddhistischen Motiven oder umgekehrt. Ein treffendes Beispiel ist der Buddha im Museum für Asiatische Kunst in Berlin. Dieser trägt eine Toga im griechisch-römischen Stil.

Buddha und Vajrapāni (1. Jahrhundert n.Chr., Gandhara), ausgestellt im Museum für Asiatische Kunst, Berlin, Bildlizenz: gemeinfrei - keine Änderungen

Buddha und Vajrapāni (1. Jahrhundert n.Chr., Gandhara), ausgestellt im Museum für Asiatische Kunst, Berlin

An der archäologische Ausgrabungsstätte Hadda, etwa 10 km südlich von Dschalalabad, konnte eine große Menge buddhistischer Skulpturen geborgen werden. Auch diese werden der Gandhara-Kunst zugeordnet.

Kushan-Kunst

Mit den Kushan-Reich (1. bis 4. Jahrhundert n.Chr.) erlebte der Buddhismus im Norden und Osten Afghanistans eine zweite frühe Blütezeit. Aus dieser Zeit stammt die Bimaranreliquiar, eine Dose aus Gold mit buddhistischen Motiven verziert.

Zur Kushan-Kunst gehört auch der Schatz von Begram, bestehend aus Bronzearbeiten, Elfenbeinschnitzereien und diversen Glasobjekten.

Islamische Kunst

Mit der Islamisierung Afghanistans veränderte sich auch die Kunst. Die Araber adaptierten für ihre Kunst einzelne Medien und Rohstoffe, wie Lasursteine. In der Architektur wurden Ziegelbauten, in Form von Minaretten oder Siegestürmen errichtet. Die Fliesenelemente wurden von der chinesischen Keramik beeinflusst. Denn Afghanistan war, aufgrund seiner Lage an der Seidenstraße, stets ein Transitland für Handel und Kultur.

Minarette von Ghazni (12. Jahrhundert), Bildnachweis: Nadeem A. Khan / Shutterstock.com

Minarett von Ghazni (12. Jahrhundert), Bildnachweis: Nadeem A. Khan / Shutterstock.com

Das Minarett von Jam und die Buddhas von Bamiyan gehören bzw. gehörten zum UNESCO Weltkulturerbe. Als die Taliban erstmalig 1996 bis 2001 an die Macht kamen, zerstörten sie die Buddha-Statuen.

Afghanische Teppichkunst

Afghanische Teppichkunst hat eine uralte Tradition, welche wohlmöglich bereits in der Antike existierte. Die Teppichmuster variieren je nach Region und Ethnie. So unterscheidet man bspw. zwischen Shīnḍanḍ- und Adraskanteppichen. Beides sind Regionen.

Bedeutendste Teppichmanufakturen befinden sich in der Provinz Herat. Die unterschiedlichen Ethnien produzieren zudem unterschiedliche Teppiche. Berühmt sind die Belutschenteppiche, welche im Südwesten des Landes hergestellt werden (Belutschen = Ethnie in Afghanistan).

Religiöse Bräuche und Feiertage

(siehe auch: Religionen in Afghanistan)

Der sunnitische Islam ist Staatsreligion Afghanistans. Doch vor der Islamisierung im 7. bis 19. Jahrhundert war Afghanistan ein Zentrum des Hinduismus und des Buddhismus. Auch der Zoroastrismus hat frühe Wurzeln in Afghanistans Kulturlandschaft hinterlassen.

Die religiösen Feiertage Afghanistans entsprechen nahezu dem islamischen Kalender. Hinzu kommen einige Feiertage, welche nur in Afghanistan gelten.

Das iranische Neujahrsfest Nauruz bzw. Nowruz stammt wohlmöglich noch aus der Zeit des Zoroastrismus. Der Frühling wird begrüßt und die Menschen gehen in die Natur, um Picknick zu machen. Zum Fest gehören einige traditionelle Speisen, wie Haft-Mewah und Samanak. Letzteres ist ein spezielles Dessert, welche Tage vor dem Neujahrsfest vorbereitet wird. Haft-mewah ist eine Speise aus Trockenfrüchten, welche den Frühling symbolisch einleiten sollen.

Der 15. Februar ist der Tag der Befreiung. Gemeint ist die Befreiung von der Sowjetunion während der sowjetisch-afghanischen Besatzungszeit (1979 – 89). Ein ähnlicher Feiertag ist der Tag des Sieges über Amerika, welcher am 15. August gefeiert wird. Der Tag symbolisiert die Rückeroberung Afghanistans durch die Taliban am 15. August 2021.

Der afghanische Unabhängigkeitstag fällt auf den 19. August. Er erinnert an den anglo-afghanischen Vertrag von 1919, durch welchen Afghanistan unabhängig vom Britischen Empire wurde. Der amerikanische Rückzugstag ist der 31. August 2021. An diesem Tag verließ das letzte US-amerikanische Flugzeug des Flughafen von Kabul.

Der Tag des Märtyrers erinnert an Kommandant Ahmad Shah Massoud, welcher die Guerilla-Kämpfer gegen die Sowjetunion anführte. Gefeiert wird der Tag am 9. September.